Dauerausstellung zu Tisa von der Schulenburg
Das Klinikum Vest widmet der Recklinghäuser Künstlerin Tisa von der Schulenburg eine Ausstellung in der Kapelle des Knappschaftskrankenhauses. Die ausgestellten Werke sind seit Langem im Besitz des Klinikums und geben Einblicke in das außergewöhnliche Leben und Werk der Kunstschaffenden. Sie werden nun dauerhaft in der Kapelle zu sehen sein. Anlass der Ausstellung ist die Veröffentlichung eines Bildbands, den Georg Möllers, erster Vorsitzender des Vereins für Orts- und Heimatkunde Recklinghausen, zum 20. Todestag Tisa von der Schulenburgs herausgegeben hat.
In schwierigen Zeiten ist es oftmals der Blick auf schicksalshafte Lebenswege, der Hoffnung und positive Denkanstöße mit sich bringt. Die Kapelle im Knappschaftskrankenhaus ist für Patienten und Mitarbeitende als Ort der Ruhe und des Auftankens 24 Stunden geöffnet. Nun lädt sie auch zur Auseinandersetzung mit der schicksalhaften Lebensgeschichte der Künstlerin ein. Hierzu ermutigte Bürgermeister Christoph Tesche, der zur Eröffnung der Ausstellung vor allem das soziale und politische Engagement der Recklinghäuserin und ihres Bruders Fritzi hervorhob. Dieser war von den Nationalsozialisten nach einem gescheiterten Anschlag hingerichtet worden.
In der Nachkriegszeit lebte von der Schulenburg zeitweise in Recklinghausen, bevor sie zum katholischen Glauben konvertierte und in das Dorstener Ursulinenkloster eintrat, wo sie 2001 verstarb.
Die Ausstellung kann von Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeitenden unter Einhaltung der bekannten Hygieneschutzregeln besucht werden. Für die Öffentlichkeit sind die Exponate hier virtuell ausgestellt:
Informationen zum Leben der Künstlerin
Tisa von der Schulenburg/Schwester Paula (1903-2001)
Geboren als Tochter einer preußisch-protestantischen Grafenfamilie – auch der Vater als General der Hohenzollernmonarchie verbunden.
1925 Ausbruch der einzigen Tochter mit 5 Brüdern ins Kunststudium in Berlin.1928 Heirat des geschiedenen jüdischen Kaufmanns Fritz Hess.
1932 Bruch mit der Familie nach dem NSDAP-Beitritt von Eltern und vier Brüdern.
1933/34 Emigration nach England; dort Freundschaft mit Henry Moore und künstlerisches Engagement für die Bergarbeiter, Grubenfahrten.
1939 Nach der Rückkehr beim Tod des Vaters Einreiseverbot für England, Unterstützung ihres Bruders Fritz von der Schulenburg, Mitorganisator des Umsturzversuches vom 20. Juli 1944. Hinrichtung am 10.08.1944.
1945 Neuorientierung nach Scheidung, Tod der Familie, Verlust der Heimat und einem unbändigen Hass auf das Regime. Kontakte zu Fritzis Freundeskreis, der 1928-32 beim Kreis Recklinghausen arbeitete, zahlreiche Grubenfahrten.
1948 Ausstellung in Recklinghausen anlässlich der Eröffnung des deutsch-britischen Instituts „Die Brücke“.
1949 Konversion zum Katholizismus, 1950 Eintritt in das Ursulinenkloster Dorsten und bis 1962 Kunsterzieherin am dortigen Gymnasium.
„Ich kann nicht schweigen“ – das Lebensmotto der selbstbewussten Frau gründete in ihren Lebenserfahrungen, dem Vermächtnis ihres hingerichteten Bruders und in ihrem Glauben. In zahllosen Skizzen, Skulpturen und Säulen setzt sie Zeichen gegen Gewalt, Krieg und Terror, den Holocaust und die KZ-Haft. Sie zeichnet angesichts der Kriege der Neuzeit in Biafra, Vietnam oder im Nahen Osten. Ausdrucksstark begegnen uns Lepra-Kranke in Äthiopien, Kinder in den Slums dieser Welt, Hungernde und Verhungerte – Menschen in Notsituationen, von Tisa engagiert, mitfühlend, ungeschönt und aufrüttelnd in Szene gesetzt. Den Bergarbeitern blieb sie lebenslang verbunden, zuletzt in klirrender Kälte bei den Mahnwachen an der Zeche Fürst Leopold 1996/97.