Elektrophysiologie – wirksame Behandlungsmethoden bei Herzrhythmusstörungen
Worum handelt es sich bei der invasiven Elektrophysiologie genau?
Damit gemeint ist eine Untersuchungsmöglichkeit um die Ursache von Herzrhythmusstörungen über einen Katheter unter örtlicher Betäubung zu klären. Seit einigen Jahren ist die EPU eine wachsende Nische in der Kardiologie, die nun auch von der Industrie gefördert und mit bahnbrechenden Neuerungen unterstützt wird und damit eine gute Alternative zum herkömmlichen EKG ist.
Worin bestehen die Unterschiede zum EKG?
Ein herkömmliches, nicht-invasives EKG bildet die Herzaktivitäten immer nur von außen ab. Ein Problem dabei ist, dass Herzrhythmusstörungen nicht immer konstant vorhanden sind, sondern anfallartig auftreten. Oft stolpert das Herz also gerade dann nicht, wenn der Betroffene ans EKG-Gerät angeschlossen ist. Natürlich hat man heute die Möglichkeit mit Langzeit-EKGs zu arbeiten, aber wenn das Herzrasen nur alle drei Wochen auftritt, ist auch das mit dem Alltag des Patienten nicht praktikabel. Für manche kommt dann ein externes Gerät, ein Rekorder, für Zuhause oder am Arbeitsplatz infrage, der genau dann aktiviert wird, wenn die Probleme auftreten. Das Ergebnis wird dann per Funk an unsere Mediziner im Krankenhaus übertragen. Manche Geräte sind so klein wie die Spitze eines Kugelschreibers und können von uns sogar unter der Haut implantiert werden. Aber wie gesagt: Es wird immer nur ein Bild von außen geliefert. Die EPU dagegen liefert ein Elektrogramm direkt aus dem Herzen, was uns noch tiefergreifendere Erkenntnisse über die elektrische Funktion des Herzens liefert.
Wie genau funktioniert die EPU?
Die elektrophysiologische Untersuchung ist eine Katheteruntersuchung, bei der weiche Katheter, also kleine Kabel über die Leistenvenen eingeführt und entsprechend bis zum Herzen vorgeschoben werden. So können wir nicht nur Störungen feststellen, sondern haben auch die einzigartige Möglichkeit, Stromimpulse zu geben. Ähnlich wie bei einem Schrittmacher wird das Herz dabei positiv stimuliert. Ein weiterer entscheidender Vorteil ist, dass während einer EPU sofort eine Therapie an die Untersuchung angeschlossen werden kann. Die EPU wird in der Regel bei unklaren Herzkrankheiten vorgeschaltet und die individuelle Behandlung schließt sich dann an.
Wie sieht eine solche Therapie gewöhnlich aus?
Grundsätzlich können wir jede Herzrhythmusstörung mit einer Ablation, also Verödung, behandeln. Dazu gibt es aber zwei unterschiedliche Verfahren: Die sogenannte heiße Verödung etwa läuft über die Applikation von Radiofrequenzenergie. Der Patient wird dabei schnellem Wechselstrom ausgesetzt, was in der Regel sehr gut vertragen wird. Überwiegend im Einsatz ist bei uns aber zur Behandlung von Vorhofflimmern die kalte Verödung mit Kryoenergie, die durch einen mit Helium aufgeblasenen Ballon appliziert wird. Die Komplikationsrate ist dabei sehr gering. Schwere Komplikationen treten in weniger als einem Prozent aller Fälle auf, selten kann es zu Blutergüssen im Punktionsbereich der Leiste kommen. Man braucht vor diesem Verfahren also keine Angst zu haben.
Zu dem Konzept gehört bei der Diagnose und Therapie auch die Verwendung von dreidimensionalen Mapping-Systemen. Was steckt dahinter?
Dabei handelt es sich um hochkomplizierte computergestützte Systeme, die die Elektrogramme sammeln und so eine dreidimensionale elektrische Karte vom Herzen erstellen. Das hat erhebliche Vorteile: Erstens erlangen wir so ein viel besseres Verständnis für Herzrhythmusstörungen. Zweitens ist eine gezielte millimetergenaue Verödung möglich und drittens läuft das Ganze komplett strahlenfrei in Echtzeit ab. Wir haben dafür Gerätschaften der neuesten Generation im Haus, die wir mittlerweile für unverzichtbar halten und wir betreiben auch die komplette Nachsorge in unserer Ambulanz.
Sie verfügen im Haus also über eine besondere Expertise bei der invasiven Elektrophysiologie?
Wir verwenden zum Beispiel sehr teure Katheter, die sehr viele Elektrogramme gleichzeitig sammeln können, ebenso ist Material vorhanden, mit dem wir den Anpressdruck des Katheters am Herzen in Gramm messen können. So können wir sicher sein, einen guten Kontakt zum Herzen zu haben. Das macht nicht jedes Krankenhaus. Auch unsere Erfahrungswerte sind mit ca. zehn Untersuchungen wöchentlich recht hoch. Gern möchten wir unsere Kompetenz auch noch weiter ausbauen, weil die Region auf diesem Gebiet doch noch relativ unterversorgt ist.
Welche gezielten Pläne und Visionen für die Zukunft gibt es, wie soll`s weitergehen?
Erst einmal stocken wir unser Personal auf: Ab April wird uns ein zweiter Oberarzt bei der EPU unterstützen, eine Koryphäe, die im französischen Bordeaux in einem der europaweit renommiertesten Zentren für invasive Elektrophysiologie gearbeitet hat. Mittelfristig ist darüber hinaus unser Ziel, uns überregional so stark zu machen, dass wir uns als Ausbildungsstätte für die invasive EPU qualifizieren. Wünschenswert wäre in dem Zusammenhang die Anschaffung eines zweiten Messplatzes, der mit rund einer halben Millionen Euro zu Buche schlagen würde - gut investiertes Geld in die Gesundheit der Menschen in dieser Region.